Richtig fokussieren mit dem Autofokus Deiner Spiegelreflexkamera

Einer von vielen Gründen für unscharfe Bilder ist das Scharfstellen auf den falschen Bereich im Bild – es wurde nicht richtig fokussiert. Das Hauptmotiv (z.B. Gesicht bei Portraitaufnahmen) ist unscharf, während der Hintergrund klar erkennbar ist. Dieser Fehlerquelle für unscharfe Bilder kannst Du vorbeugen. Ich möchte Dir in diesem Beitrag etwas Grundlagenwissen und einige Tipps mit auf den Weg geben, die es Dir ermöglichen besser zu fokussieren.

Hinweis in eigener Sache: Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags war ich nur Besitzer einer Spiegelreflexkamera mit optischem Sucher. Daher wird hier auch nur auf das Verhalten von und den Umgang mit dem Autofokus bei Spiegelreflexkameras eingegangen. Erfahrungen mit Systemkameras und einem elektronischen Sucher habe ich mittlerweile auch sammeln können – sobald es meine knappe Freizeit erlaubt, gibt es dazu vielleicht auch einen Beitrag zu lesen.

Der Autofokus – Funktions- und Vorgehensweise

In so gut wie jeder digitalen Kamera sorgt heutzutage der Autofokus für das Scharfstellen. Sobald man den Auslöser halb durchdrückt, berechnet die Kamera, wie weit das Motiv entfernt ist und justiert im Objektiv über einen Motor die Linsen so, dass der richtige Bereich scharf gestellt wird. 

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Dazu nutzt die Kamera verschiedene Bildpunkte, die sogenannten AF-Messfelder. Je nach Kamera sind diese unterschiedlich erkennbar – meist durch kleine Rechtecke oder Kreise im Sucher. Sobald die Kamera nach dem halben Durchdrücken des Auslösers erfolgreich scharf gestellt hat, blinken ein oder mehrere dieser Messfelder im Sucher rot und ein kurzes „Piep!“ der Kamera signalisiert ebenfalls das erfolgreiche Scharfstellen. Nun kann der Auslöser ganz durchgedrückt werden. Das korrekt fokussierte Foto ist im Kasten!

Leider funktioniert es nicht immer so reibungslos. Der Autofokus stößt in manchen Motiv- wie Lichtsituationen oft an seine Grenzen. Die am häufigsten vorkommenden Probleme und Fragen möchte ich im Folgenden lösungsorientiert beschreiben.

Der Autofokus stellt zwar problemlos scharf, allerdings auf den falschen Bereich im Bild

Das kann insbesondere dann passieren, wenn sich mehrere Bildelemente im Bildausschnitt befinden und unter Umständen noch dazu in unterschiedlicher Entfernung zur Kamera stehen. Die Kamera sucht sich nun das Bildelement heraus, was ihrer Meinung nach scharf gestellt werden soll. Sie kann dies aber nur anhand von technischen Informationen wie Helligkeitsunterschieden festmachen und nicht anhand des Bildinhaltes selbst. Noch viel weniger kann die Kamera wissen, welche Bildaussage das Foto transportieren soll und somit auch, worauf genau Du letztendlich scharf stellen möchtest. So kommt es wie im Beispielbild vor, dass das falsche Motiv scharf gestellt wird. Der Autofokus funktioniert rein technisch, aber nicht inhaltlich.

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Autofokus - falsche AF-Messfelder von der Kamera gewählt
Du möchtest die Pflanze scharf gestellt haben, das Objektiv jedoch nicht? Ohne manuelles Eingreifen (individuelle Auswahl des Messfeldes) entscheidet die Kamera selbstständig und hat in diesem Beispiel das „falsche“ Motiv, nämlich das Objektiv (rote markierte Messfelder), fokussiert, während die Pflanze bereits wieder im Unschärfebereich verschwimmt.

Das Problem lässt sich aber recht einfach in den Griff bekommen. Um der Kamera zu sagen, worauf genau sie scharf stellen soll, aktiviert man nur das AF-Messfeld, was sich an dem Motiv befindet. Alle anderen werden ignoriert und die Kamera stellt ausschließlich auf das ausgewählte Messfeld scharf. An den meisten Bridge- und Spiegelreflexkameras lassen sich die Messfelder selektiv auswählen. Bei Kompaktkameras jedoch sind diese individuellen Einstellungen meist, wenn überhaupt, recht eingeschränkt vorhanden. Hier sollte man beim Kauf genau hinschauen, wenn man selbst bei Kompaktkameras diese Flexibilität haben möchte.

Die manuelle Auswahl der Messfelder dauert zu lange und ist nicht flexibel genug

Nun ist es erfahrungsgemäß so, dass diese Vorgehensweise der ständigen manuellen Wahl des AF-Messfeldes in etwas hektischeren Situationen schnell an ihre Grenzen gerät. Insbesondere bei lebendigen Motivsituationen ändert sich oft die Position des Hauptmotivs, auf das scharf gestellt werden soll. Jedes Mal ins Menü zu gehen, um ein anderes Messfeld zu wählen, kann nicht nur nervig sein, sondern man läuft auch Gefahr, schöne Motivsituationen und Gelegenheiten zu verpassen, weil nicht rechtzeitig die richtige Einstellung gewählt wurde. Darüber hinaus kommt es natürlich vor, dass sich das Hauptmotiv eben nicht in einem der AF-Messfelder wiederfindet.

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Was also tun, wenn man nun weiterhin den Autofokus benutzen möchte? Eine bewährte Technik, um mittels Autofokus sehr flexibel und dennoch recht präzise zu arbeiten, ist folgende:

  1. Du aktivierst ausschließlich einen AF-Messfeld-Punkt (am besten den in der Mitte).
  2. Du wählst den Bildausschnitt so, dass sich dieser eine Punkt an dem Motiv befindet, das du scharf gestellt haben möchtest.
  3. Du stellst auf dieses Motiv scharf, indem du den Auslöser halb durchdrückst
  4. Du positionierst die Kamera so, dass dein gewünschter Bildausschnitt im Sucher zu sehen ist, hältst den Auslöser aber weiterhin halb gedrückt (das Motiv bleibt somit fokussiert)
  5. Du drückst den Auslöser ganz durch – das Foto mit dem richtigen Fokus ist im Kasten!

„Focus and Recompose“ nennt man diese Methode auch und sie kann Anfangs etwas verwirrend und kompliziert sein. Mit etwas Übung hat man diesen Dreh aber schnell raus und man kann auf rasch verändernde Motivsituationen sehr flexibel reagieren. Eine Sache muss allerdings beachtet werden: Es darf sich zwar der Bildausschnitt ändern, während man den Auslöser halb durchgedrückt lässt, nicht aber der Abstand zum Motiv. Das kann passieren, in dem man sich mit der Kamera vom Motiv entfernt/darauf zugeht oder das Motiv selbst seine Position nach vorne/hinten verändert. Wenn das geschieht, muss wieder neu fokussiert werden, um die Schärfe auf den gewünschten Bildausschnitt zu bekommen. Auch eine große Veränderung des Neigungswinkels der Kamera verändert die Distanz der Kamera zum scharf gestellten Bereich. Darauf sollte man ebenso achten, um Fehlfokussierungen zu vermeiden.

Fokussieren mit dem mittleren AF-Messfeld: gewünschtes Motiv scharf stellen (linkes Bild), bevorzugten Bildausschnitt wählen (rechtes Bild) und auslösen.
Fokussieren mit dem mittleren AF-Messfeld: gewünschtes Motiv scharf stellen (linkes Bild), bevorzugten Bildausschnitt wählen (rechtes Bild) und auslösen.

Der Autofokus versagt und stellt nicht scharf – man kann nicht Auslösen

Der Motor im Objektiv summt verzweifelt vor sich hin und der Schärfebereich ändert sich im Takt des Motors, findet aber keinen Punkt, auf den er scharf stellen möchte. Auslösen? Geht nicht! Wenn Du diese Situation nicht schon erlebt hast, so wird sie Dir spätestens bei sehr kontrastlosen Motiven oder bei schlechten Lichtbedingungen begegnen. Mit ersterem sind zum Beispiel weiße Wände gemeint. Möchte man vor dieser weißen Wand nun eine weiße, blasse, kaum beleuchtete Vase scharf stellen, kommen die Sensoren in der Kamera schnell an ihre Grenzen, da sie den Abstand zum Motiv anhand von Helligkeitsunterschieden messen. Auch Ultraschall oder ein AF-Hilfslicht, wenn vorhanden, sind kein Allheilmittel.

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Die erste Maßnahme, die man in solchen Fällen ergreifen sollte: den mittleren AF-Messpunkt aktivieren und damit scharf stellen. Dieser ist bei den meisten Kameramodellen ein Kreuzsensor. Kreuzsensoren arbeiten präziser, da sie im Gegensatz zu den anderen Sensoren vertikal und horizontal messen. Besonders bei schlechten Lichtverhältnissen arbeitet der Autofokus mit diesem Messfeld noch recht zuverlässig.

Wenn das Scharfstellen beim Hauptmotiv nicht klappt, weil Kontrast und/oder Licht fehlen, kann man auch auf andere Elemente im Bild zum Fokussieren ausweichen. Suche Dir ein kontrastreicheres Element im Bild (Kanten, Ecken, Farbunterschiede etc. eignen sich gut), das den gleichen Abstand zur Kamera besitzt wie dein Hauptmotiv, stelle scharf und rücke vor dem Auslösen dein Hauptmotiv wieder an die gewünschte Position im Bild.

Rockabilly-Abend in einer Leipziger Bar - bei schlechten Lichtverhältnissen lohnt sich die Wahl des mittleren AF-Messfeldes und das Scharfstellen auf kontrastreiche Motive.
Rockabilly-Abend in einer Leipziger Bar – bei schlechten Lichtverhältnissen lohnt sich die Wahl des mittleren AF-Messfeldes und das Scharfstellen auf kontrastreiche Motive.

Mit diesen Tricks lässt sich auch bei schwierigen Lichtsituationen mit dem Autofokus noch recht gut scharf stellen. Doch irgendwann gerät das beste System an seine Grenzen. In solchen Situationen hilft dann nur noch manuelles scharfstellen. Das kann abhängig von verwendeter Brennweite und Mattscheibe mehr oder weniger schwierig von statten gehen. Das Thema manuelles Fokussieren soll hier aber nicht detailliert betrachtet werden – ich werde es bei Zeiten mal in einem eigenen Beitrag behandeln.

Auch beim Fokussieren mit nur einem Messfeld-Punkt kommt es zu Fehlfokussierungen

Stelle hier zuerst sicher, dass du den Abstand zum Motiv beim Fokussieren & Auslösen zwischenzeitlich nicht verändert hast bzw. dein Motiv den Abstand nicht verändert hat. Bei geringen Distanzen und offenen Blendeneinstellungen (= sehr geringe Schärfentiefe) kann schon das kleinste vor und zurück bedeuten, dass Dein Hauptmotiv in den Unschärfebereich kommt.

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Wenn diese Ursache ausgeschlossen werden kann, kommt noch eine weitere, recht ärgerliche Ursache in Frage: ein Front– bzw. Backfokusproblem. Der Autofokus erfasst nicht das scharf gestellte Ziel. Je nach Wertigkeit des Objektivs und Qualität der Kamera stellt sich der Autofokus mal mehr und mal weniger präzise ein. Kein Autofokus kann zu 100% korrekt arbeiten. Spätestens bei schlechten Lichtverhältnissen kann er öfter mal daneben liegen, obwohl der Fotograf alles richtig gemacht hat. Zu einem größeren Problem wird die Sache allerdings, wenn der Autofokus sehr oft daneben liegt und häufig den Bereich vor dem fokussierten Motiv (=Frontfokus) oder hinter dem Motiv (= Backfokus) scharf stellt. Wie zuverlässig Dein Kamerasystem diesbezüglich arbeitet lässt sich mit diesem Test bei traumflieger.de ermitteln.

Was tun in diesem Fall? Einige Spiegelreflexkameras bieten die Einstellungsoption, den Front- oder Backfokus des Objektivs manuell kameraintern zu korrigieren, eine EOS 5D Mark IV* kann das zum Beispiel. Das hat jedoch seinen Preis. Einsteiger-Spiegelreflexkameras bieten diese Option aber in der Regel nicht. Dann lässt sich dieses Problem leider nur durch eine Justierung oder Reparatur des Objektivs beseitigen. Beim Kauf eines neuen Objektivs empfehle ich daher den oben verlinkten Test gewissenhaft durchzuführen und das Objektiv bei auffälligem Fehlfokus-Verhalten wieder zurück zu senden und ein anderes Exemplar zu testen.

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  • antworten Eugen Derksen ,

    Sehr schön. Danke!

    • antworten Alexander ,

      Sehr aufschlussreich und einfach erklärt. Hab dank.

      • antworten Harald ,

        sehr easy erklärt,,toll lg

        • antworten Birgit ,

          Endlich mal das Wichtigste kurz aber verständlich erklärt, wonach ich immer gesucht habe.
          Im Vergleich mit meinen Erfahrungen, kann ich nur zustimmen bzw. habe hier die Bestätigungen bekommen. Weiter so und danke.

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